Stellungnahme Nabu Cappel zum Entwurf Regionalplan


Betroffene Industrie- und Gewerbegebiete:

 

-          G322 (Gemarkung Moischt/Ebsdorfergrund)

-          G308 und G309 (Gemarkung Cappel)

 


Das geplante Industrie- und Gewerbegebiet G322 Auf dem Hohnes

 

Der Nabu Cappel e.V. ist Eigentümer einer ca. 0,4 ha großen Streuobstwiese in der Gemarkung Ebsdorfergrund. Diese Streuobstwiese soll lt. dem Entwurf des Regionalentwicklungsplanes Mittelhessen in ein Industrie- und Gewerbegebiet umgewandelt werden (G322).

 

Das Gelände der Streuobstwiese stellt im Verbund mit einer direkt angrenzenden Brachwiese, einer Eselweide und einem Naturgarten mit Imkerei ein wertvolles, schützenswertes Biotop dar. Seit 1993 betreibt die Nabu Cappel hier gelebten Naturschutz zugunsten der Tier- und Pflanzenwelt. Über 50 Obstbäume alter, widerstandsfähiger Sorten wurden hier angepflanzt und prägen diese Kulturlandschaft maßgeblich. Eine Totholzhecke bietet vielen Vögeln, Kleinsäugetieren und Insekten Deckung und Unterschlupf.

 

Das Gelände bietet zudem zahlreichen Spaziergängern und Besuchern die Gelegenheit die Natur vor ihrer Haustür kennenzulernen.

 

Zahlreiche seltene und in ihrem Bestand rückläufige Tierarten sind hier zu finden.

Dazu zählen zum Beispiel:

 

-          Feldhase
-          Steinkauz
-          Rebhuhn
-          Hermelin
-          Haselmaus
-          Rötelmaus
-          Zauneidechse

 

Hervorzuheben ist hier die Ansiedlung des Steinkauzes, welcher nach Anlegen von Nisthöhlen seit 2015 auf unserer Wiese heimisch ist. Ein Rebhuhnpaar ist regelmäßiger Gast auf dem Gelände.

 

Folgende Singvögel brüten auf der Streuobstwiese oder der unmittelbarer Umgebung:

 

-          Goldammer
-          Feldlerche
-          Gartenrotschwanz
-          Feldsperling
-          Kohlmeise
-          Blaumeise
-          Grünspecht
-          Nachtigall
-          Rotkehlchen
-          Amsel
-          Schafstelze

 

Häufig zu beobachtende Vögel sind außerdem der Rotmilan, Mäusebussard, Kolkrabe, Sperber und Buntspecht.

Seltene Schmetterlingsarten und andere Insekten sind hier zu finden.

Dazu zählen zum Beispiel:

 

-          Schwalbenschwanz
-          Schachbrett
-          Gemeiner Bläuling
-          Admiral
-          Kleines Wiesenvögelchen
-          Rotgefleckte Raupenfliege
-          Trauer-Rosenkäfer
-          Brauner Feuerfalter

 

Bei Umsetzung des aktuellen Regionalplans würde dieses einzigartige Biotop zerstört werden. Dieses wurde durch unsere Mitglieder in jahrelanger ehrenamtlicher Arbeit aufgebaut. Für unseren Verein wäre dies eine nicht akzeptable Herabwürdigung vieler geleisteter Arbeitsstunden. Gerade in Zeiten von gesteigertem Natur- und Umweltbewusstsein sollte die freiwillige Arbeit im Naturschutz wertgeschätzt werden.

 

 

Auch ließe sich durch eine Ausweichfläche kein Ersatz für die bestehende Streuobstwiese herstellen. Ein Gelände wie dieses würde viele Jahre für eine Entwicklung mit einem gleichwertigen ökologischen Nutzen benötigen.

 

 

Die Gewerbe- und Industriefläche G322 muss hinsichtlich Ihrer Eignung einer gründlichen und unvoreingenommenen naturschutzfachlichen Bewertung unterzogen werden. Naturschutz und Naherholungsmöglichkeiten sollten gleichrangig wie wirtschaftliche Interessen behandelt werden. Die Nabu Streuobstwiese ist ein wertvoller Bestandteil des Biotopkomplexes Auf dem Hohnes und daher unbedingt erhaltenswert. 


Das geplante Gewerbegebiet G308 und G309 in Cappel

 

Die Nabu Gruppe Cappel spricht sich vehement gegen eine Ausweitung des bestehenden Gewerbegebiet Cappel aus. Die dort noch vorhandenen Wiesen- und Brachflächen stellen ein wertvolles Erholungsgebiet für Mensch und Tier dar.

 

-          Durch die Umwandlung in ein Gewerbegebiet gehen weitere landwirtschaftliche Flächen verloren und werden versiegelt. Schäden, die durch Starkregen und Hochwasser eintreten, sind nicht absehbar.

 

-          Für eine erforderliche zusätzliche verkehrstechnische Anbindung an die B3 würde die schon sehr knapp bemessene zur Verfügung stehende Fläche G308 und G309 nicht ausreichen. Die Bauarbeiten würden außerdem zu einer nicht unerheblichen Lärm- und Umweltbelastung führen.

 

 -          Die vorhanden Wiesen- und Heckenflächen bieten vielen Vogelarten Rückzugsraum und Brutstätte. Die in Cappel noch vorhandenen Rauch- und Mehlschwalben hätten ohne diese Offenlandfläche keine Jagdmöglichkeit und würden auf Dauer verschwinden.

 

-          Der Naherholungswert für die Cappeler Bürger würde entfallen. Das Gebiet wird aktuell durch zahlreiche Radfahrer, Laufsportler und Spaziergänger genutzt. Vergleichbare Ausweichflächen im Nahbereich von Cappel sind nicht vorhanden.

 

Wie nach Offenlegung des Regionalplanes bekannt wurde, plant der Marburger Oberbürgermeister Dr. Spies ein weiteres Industrie- und Gewerbegebiet im Cappeler Feld (siehe Bericht in der Oberhessischen Presse vom 19.01.2022). Hiervon ist südlich der Südspange eine überdimensionierte Fläche in einem ausgewiesenen Hochwasserschutzgebiet betroffen. Wie sich eine Bodenversiegelung in einem Hochwasserschutzgebiet auswirkt, kann sich jeder vorstellen. Wir haben in der jüngsten Vergangenheit im Ahrtal dazu sehr schmerzhafte Erfahrungen erleben müssen. Auch ein ausreichender Schutz durch das Hochwasserrückhaltebeckens Kirchhain/Ohm ist rein spekulativ und entbehrt jeder Grundlage.

 

Das Vorhaben des Oberbürgermeisters erfüllt unsere Mitglieder mit völliger Verständnis- und Fassungslosigkeit. Die Nabu Cappel setzt sich für den Erhalt der Wiesen- und Auenflächen ein und wird sich entschieden dafür einsetzen, das geplante Gewerbegebiet im Cappeler Feld zu verhindern.